Urlaub

Kein Urlaub in der Probezeit?

Häufig hört man: "Ich bin noch in der Probzeit und kann deshalb keinen Urlaub nehmen." Doch ist das rechtlich auch richtig?

Richtig ist, der volle Urlaubsanspruch entsteht erst nach sechsmonatigem Bestehen des neuen Arbeitsverhätnisses. Aber auch vorher hat der Arbeitnehmer bereits Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs pro Monat - bei zum Beispiel 20 Tagen im Jahr also auf 1,67 Tage pro Monat. Die Erfüllung dieses bereits während der Probezeit entstandenen Anspruchs auf Teilurlaub darf der Arbeitgeber zwar aus dringenden betrieblichen Gründen verweigern - aber nicht etwa allein mit dem Argument, dass der Arbeitnehmer ja noch in der Prozeit ist.

Der gesetzliche Anspruch auf Erholungsurlaub

Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat ein Arbeitnehmer mit einer 5-Tage Woche Anspruch auf 20 Tage (4 Wochen) bezahlten Erholungsurlaub im Jahr. Das ist der gesetzliche Mindesturlaub, von dem weder durch Tarifvertrag noch durch den Arbeitsvertrag zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Tarifverträge sehen häufig mehr Urlaubstage vor.

Besondere Regelungen für besondere Personengruppen

Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz haben Jugendliche

  • unter 16 Jahren 30 Urlaubstage /Jahr
  • unter 17 Jahren 27 Urlaubstage/Jahr
  • unter 18 Jahren 25 Urlaubstage/Jahr.

Schwerbehinderten Arbeitnehmern stehen 5 Tage Zusatzurlaub (das heißt zusätzlich zum gesetzlichen, tariflichen oder betrieblich geregelten Urlaub) pro Jahr zu.

Was ist mit Urlaub im Schichtdienst/rollierenden System?

Bei einer regelmäßigen, wöchentlich wiederkehrenden Arbeitszeit ist diese wöchentliche Arbeitszeit für die Berechnung der Urlaubstage maßgeblich. Verteilt sich die Arbeitszeit aber anders und ist von Woche zu Woche unterschiedlich, so muss auf längere Zeitabschnitte abgestellt werden. Beispiel: Bei einem Schichtdienst bei dem immer abwechselnd eine Woche an 3 Tagen und eine Woche an 5 Tagen gearbeitet wird, ist zu rechnen: Der Betrachtungszeitraum umfasst hier zwei Wochen. 8 Arbeitstage (3+5) pro 2 Wochen sind ins Verhältnis zu setzen mit 10 Werktagen (5+5) pro 2 Wochen bei einem Arbeitnehmer, der von Montag bis Freitag arbeitet und insgesamt einen Jahresurlaub von 20 Tagen hat. Der Arbeitnehmer im konkreten Schichtdienst hat also Anspruch auf 16 Urlaubstage (20:10x8) pro Jahr.

Was gilt bei regelmäßiger Sonntags- oder Feiertagsarbeit?

Sind Sonn- und Feiertage bei einem Arbeitnehmer regelmäßige Arbeitstage, sind diese urlaubsrechtlich als Werktage zu behandeln. Beispiel: Ein Kellner arbeitet in einem Gaststättenbetrieb regelmäßig von Mittwoch bis Sonntag (was nach § 10 I Nr. 4 ArbzG zulässig ist). Bliebe der Sonntag bei der Berechnung hier unberücksichtigt, ergäbe sich nur ein Anspruch von 16 Urlaubstagen, obwohl eine fünftägige Arbeitsverpflichtung besteht. Gesetzliche Feiertage und Sonntage sind daher bei der Bestimmung der individuellen Urlaubstage als Werktage anzusehen, wenn an ihnen regelmäßig gearbeitet wird. Der Kellner im Beispiel hat also einen Anspruch auf 20 Urlaubstage pro Jahr wie sein von Montag bis Freitag arbeitender Kollege auch.

Was gilt beim Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit während des laufenden Urlaubsjahres?

Bleibt hier die Anzahl der Arbeitstage gleich und nur die Arbeitstunden pro Tag ändern sich, ergibt sich im Hinblick auf den Urlaubsanspruch nichts neues, da der Urlaubsanspruch tage- und nicht stundenweise berechnet wird.

Ändert sich aber die Anzahl der Arbeitstage und die Mitarbeiterin arbeitet, z.B. nach Mutterschutz und Elternzeit, statt 5 Tagen pro Woche nur noch 3 Tage pro Woche, so war nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) der gesamte Jahresurlaub proportional neu zu berechnen. Dies galt zumindest solange der Urlaubsanspruch noch nicht verbraucht war. Hatte die Mitarbeiterin also aus dem vergangenen Zeitraum noch 20 Tage Resturlaub, die sie aufgrund von Mutterschutz und Krankschreibung in der Schwangerschaft nicht nehmen konnte, so wurden diese 20 Tage im Verhältnis 3/5 heruntergerechnet, also gekürzt. Während ihrer neuen Teilzeitarbeit hatte die Mitarbeiterin also nur noch 12 Urlaubstage (20:5x3) statt der "erarbeiteten" 20. Am Ende des Jahres hatte die Mitarbeiterin so immer die gleichen 4 Wochen Urlaub, unabhängig davon, wie sich die Arbeiszeit unterjährig verändert hat.

Nach den Entscheidungen "Tirol" (Urteil vom 22.4.2010 - C-486/08), "Brandes" (Urteil vom 13.6.2013 - C-415/12) und "Greenfield" (Urteil vom 11.11.2015 - C-219/14) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellt dieses Vorgehen eine unzulässige Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter dar. Nach Ansicht des EuGHs darf ein Urlaubsanspruch, der teilwsie während der Vollzeittätigkeit erarbeitet worden ist, auch nach dem Wechsel in Teilzeit nicht nachträglich gekürzt werden. Diese Rechtsprechung hat das BAG mittlerweile auch umgesetzt. Das gleiche Prinzip gilt nach dem EuGH auch für den umgekehrten Wechsel von Teil- zu Vollzeit. Auch - hier ist die Urlaubsdauer getrennt nach den Zeitabschnitten zu berechnen. Eine nachträgliche Erhöhung der vor der Arbeitszeitumstellung erarbeiteten Urlaubstage AZR erfolgt nicht.

Tipp: Um böse Überraschungen für die eine oder andere Seite zu vermeiden, kann eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sinn machen, nach der der schon erarbeitete Urlaub noch vor dem Wirksamwerden der Arbeitszeitverringerung bzw. - erhöhung genommen wird.

Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) folgend hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen geändert. Demnach müssen Arbeitnehmer zukünftig rechtzeitig und klar vor dem Verfall von noch nicht genommenen Urlaubstagen gewarnt werden. Versäumt dies der Arbeitgeber, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen. Mehr zum Urteil des BAG finden Sie hier.

Nach dem Landesarbeitsgericht Niedersachen (Urteil vom 16.1.2019 - 2 AZR 567/18) gilt dasselbe für den Zusatzturlaub Schwerbehinderter. Auch hier muss der Arbeitgeber deutlich auf den möglichen Verfall hinweisen und den Arbeitnehmer in die Lage versetzten den Urlaub zu nehmen.

Tipp: Arbeitgebern ist zu raten, Aufklärung und Aufforderung schriftlich durchzuführen und zu dokumentieren, da der Arbeitgeber im Streitfall beweispflichtig ist.

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